Damit Sie sich erstmal einen Überblick verschaffen können, beantworten wir im Folgenden die wichtigsten Fragen:
Wenn Sie in Bayern oder Sachsen arbeiten, haben Sie leider Pech. Denn diese beiden Bundesländer sind die einzigen, die keinen Bildungsurlaub im Gesetz verankert haben. In allen anderen Bundesländern können in der Regel Arbeitnehmer sowie Auszubildende in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst Bildungsurlaub beantragen. Für Beamte und Beamtinnen können allerdings andere Regeln gelten. Als Voraussetzung gelten oft eine gewisse Mindestgröße der Firma und eine Mindestdauer des Beschäftigungsverhältnisses (meistens 6 Monate). Aber auch hier gilt: Die Bedingungen sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich.
Für den Antrag von Bildungsurlaub ist nicht der Wohnsitz maßgeblich, sondern der Sitz des Arbeitgebers. Wenn Sie also zum Beispiel in Aschaffenburg (Bayern) gemeldet sind, sich Ihr Arbeitsplatz aber im nahe gelegenen Hessen befindet, sind diesbezüglich die dortigen Behörden zuständig. In diesem Fall hätten Sie also gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub, obwohl die Rechtslage an Ihrem Wohnort ganz anders aussieht.
Normalerweise haben Sie Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr. In manchen Bundesländern kann man diese fünf Tage auch zu zehn Tagen in zwei Jahren zusammenfassen.
Allerdings gibt es je nach Bundesland auch genaue Vorgaben, wie lange die Weiterbildung sein muss. Zum Beispiel muss die Weiterbildung in einigen Bundesländern mindestens an drei aufeinander folgenden Tagen stattfinden mit einer Dauer von sechs bis acht Stunden pro Tag. Eintägige Weiterbildungen werden in vielen Bundesländern nicht anerkannt für den Bildungsurlaub.
Muss die Weiterbildung zu meinem Beruf passen?
Da müssen wir leider sagen: Jein. In nahezu allen Bundesländern ist vorgegeben, dass es sich um eine berufliche oder politische Weiterbildung handeln muss. Manchmal gilt auch die Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeiten als anerkannte Weiterbildung.
Aber wenn Sie sich gerne künstlerisch betätigen und zum Beispiel einen Malkurs besuchen wollen, werden Sie dafür Ihren eigenen Urlaub nutzen müssen, eine Bildungsfreistellung gibt es dafür in der Regel nicht. Es sei denn, Sie sind beruflich im künstlerischen Bereich tätig und der Malkurs hat dadurch eine berufliche Relevanz für Sie. Damit könnten Sie höchstens in Schleswig-Holstein Glück haben, denn dort werden auch allgemeine Weiterbildungen für den Bildungsurlaub anerkannt.
Akademische Studiengänge finden sich so gut wie gar nicht unter den anerkannten Angeboten.
Es gibt zwar viele Weiterbildungen, für die man Bildungsurlaub oder eine Bildungsfreistellung beantragen kann, aber bei akademischen Fernstudiengängen wird es leider kompliziert. Auch hier muss man sich mühsam durch die Vorgaben der Bundesländer quälen und hat häufig Pech, dass ein berufsbegleitendes Studium nicht anerkannt wird.
Beispiele:
- Die Fernstudiengänge der ZFH sind vorwiegend in Berlin, Rheinland-Pfalz und im Saarland anerkannt. In anderen Bundesländern muss die Anerkennung je nach Gesetzeslage und auf Anfrage beantragt werden.
- Die GGS Heilbronn ist in Baden-Württemberg für den Bildungsurlaub anerkannt.
In den meisten Fällen kann man den Bildungsurlaub auch nur für Präsenzveranstaltungen beantragen. Damit fällt ein reines Fernstudium oder ein Fernlehrgang von vorneherein raus. Blended Learning Modelle sind möglich, wenn der Großteil der Veranstaltung als Präsenzlehrgang stattfindet. Aber auch für ein Selbststudium oder eine Prüfungsvorbereitung wird kein Bildungsurlaub genehmigt.
In Berlin zum Beispiel heißt es: "Das häusliche Selbstlernen, zum Beispiel zur Prüfungsvorbereitung, oder das Anfertigen von Abschlussarbeiten sind nicht anerkennungsfähig – demzufolge gibt es dafür keinen Bildungsurlaub.“
In Hessen sieht die Formulierung so aus: „Darüber hinaus werden Meisterkurse, Praktika, Prüfungsvorbereitungen und Prüfungen sowie komplette Studiengänge ebenfalls nicht als Bildungsurlaub anerkannt.
Abschnitte berufsbegleitender oder berufsaufbauender Weiterbildungen (sofern sie den Anerkennungsvoraussetzungen der beruflichen Weiterbildung nach dem HBUG entsprechen) können nur dann als Bildungsurlaub anerkannt werden, wenn sie allen Personen offen stehen. Sie müssen auch Personen zugänglich sein, die nicht an dem jeweiligen Abschluss interessiert sind oder nicht an der gesamten Weiterbildung teilnehmen.“
Tatsächlich kann man in einigen Bundesländern einzelne Module von berufsbegleitenden Studiengängen für einen Bildungsurlaub nutzen, allerdings müssen dafür die formalen Voraussetzungen stimmen (zum Beispiel mindestens an drei aufeinanderfolgenden Tagen).
Grundsätzlich ist es also eher schwierig, für das berufsbegleitende Studium seinen Bildungsurlaub zu nutzen. Da es aber vereinzelt möglich ist, sollten Sie es auf jeden Fall versuchen.
Was kann man also machen, um trotz dieser Bildungsgesetze der Bundesländer Bildungsurlaub bzw. eine Freistellung zu erhalten? Auf jeden Fall mit dem Chef sprechen! Viele Arbeitnehmer bekommen für ihr berufsbegleitendes Studium Unterstützung vom Arbeitgeber.
Zudem sollte man mit der Hochschule sprechen und eine Antrag auf Anerkennung an die zuständige Stelle des Bundesland schicken. Der Versuch kann nicht schaden.
Es kann sich durchaus lohnen, eine Anfrage beim Chef zu starten, zumal dabei auch freiwillige Vereinbarungen getroffen werden können.
Entscheidend ist dabei auch der sogenannte „Mindestnutzen“ für den Arbeitgeber: Profitiert auch die Firma vom Wert Ihrer Weiterbildung, haben Sie gute Argumente in der Hand ‒ und die Chancen sind umso größer, dass Sie auch mal bezahlten (oder zur Not unbezahlten) Urlaub erhalten, der kein offizieller Bildungsurlaub ist.
Auf jeden Fall sollten Sie sich vorher bei der von Ihnen präferierten Hochschule informieren. Die Studienberatungen können sehr gut Auskunft geben, ob das mit dem Bildungsurlaub fürs Fernstudium in der Vergangenheit geklappt hat bzw. für welche Bundesländer die Hochschule anerkannt ist.
Wie sieht es in meinem Bundesland aus?
Sämtliche wichtigen Links sind beim Deutschen Weiterbildungsserver zusammengefasst: www.iwwb.de/weiterbildung
Weiterbildungen werden grundsätzlich nur für einen Bildungsurlaub oder eine Bildungsfreistellung anerkannt, wenn es sich (größtenteils) um eine Präsenzveranstaltung handelt. Doch durch Corona satteln viele Anbieter auf Onlinekurse um, damit die Weiterbildungen trotzdem stattfinden können.
Damit sind allerdings die Voraussetzungen für einen Bildungsurlaub nicht mehr gegeben. Haben Sie sich also momentan für eine Weiterbildung innerhalb Ihres Bildungsurlaubs angemeldet, die nun online stattfindet, dürfen Sie Ihre Bildungsfreistellung dafür eigentlich nicht mehr verwenden. Eigentlich, denn es ist in der Regel dem Arbeitgeber überlassen, Ihnen den Bildungsurlaub für diese Veranstaltung trotzdem zu gestatten. Sprechen Sie also mit Ihrem Chef, eventuell können Sie trotzdem teilnehmen.
Wenn Sie in Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen arbeiten, haben Sie Glück, denn dort gilt: Bis zum 31.12.2020 werden passende Weiterbildungen auch anerkannt, wenn Sie wegen Corona online durchgeführt werden.